Geschichte

 

Tradition bewahren und entwickeln – Unterstützung für Leutzewarter Brüderschaft

 

Die Leutzewarter Bruderschaft in Zierenberg geht auf die spätmittelalterlichen Dorfgründungen Lutwardessen/Leutzewarten im Warmetal bei Zierenberg zurück. Der Zusammenschluss der Dorfgemeinschaft hatte den Zweck, in den Zeiten nach dem 30-jährigen Krieges das Überleben des Dorfes und seiner Bewohner zu sichern. Die Leutzewarter Bruderschaft wurde wahrscheinlich im 14. Jahrhundert gegründet – 1660 allerdings liegt erst die Gründungsurkunde vor.

Von Damals bis heute

Leutzewarter Bruderschaft in Zierenberg 

Die Stadt Zierenberg, zu Füßen markanter Berge, umringt von geschichtsträchtigen Burgen, wird geprägt von bedeutenden Bauwerken: der Stadtkirche mit wertvollen Malereien und dem ältesten Fachwerkrathaus Nordhessens. Zu diesen kulturgeschichtlichen Juwelen gesellen sich zwei traditionsreiche bürgerschaftliche Schätze: die Bruderschaften: der „Leutzewarter“ und der „Rohrbacher“. Beide Bruderschaften haben ihre Wurzeln im späten Mittelalter. Ihre Entstehung hängt ursächlich mit der Gründung Zierenbergs im Jahr 1293 durch Landgraf Heinrich I. von Hessen zusammen. 

Die strategisch motivierte Stadtgründung hatte nachhaltige Auswirkungen auf eine Reihe sehr alter Dörfer und Weiler im Warmetal. So auch für die Siedlungsplätze Lutwardessen/Leutzewarten und Rohrbach. Beide waren Pfarr-Dörfer mit Kirche und einer – für die damaligen Verhältnisse – stattlichen Einwohnerzahl. Diese Menschen siedelten nach und nach in die befestigte Stadt. Aus Gründen der größeren Sicherheit im fehdenreichen Warmetal und sicher auch aufgrund landesherrlichen Drucks. Aus bäuerlichen Dorfbewohnern wurden Ackerbürger und/oder Handwerker. 

In Zierenberg entwickelten sich in den Jahrzehnten nach der Stadtgründung aus ehemaligen Dorfgemeinschaften sogenannte Bruderschaften. Erste schriftliche Belege dafür finden sich in einer Urkunde des Landgrafen Hermann aus dem Jahr 1357. 

Dieses Dokument bezieht sich auf Einbürgerungs-Pflichten Zierenberger Bürger, also auch auf zugezogene Bewohner der umliegenden Dörfer. Es enthält erstmals den Begriff „Bruderschaften“ Die Entstehung von Bruderschaften in Zierenberg darf damit in das 14. Jahr-

hundert datiert werden. Diese Zusammenschlüsse von alten Dorfgenossenschaften hatten über viele Jahrzehnte Bestand. Ihre faktische Auflösung ist den dramatischen Ereignissen und den chaotischen Folgen des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) geschuldet. Unsägliches 

Leid, Not und Elend in und nach drei Jahrzehnten Kriegswirren hatten zu einer Brutalisierung und – modern gesagt – Traumatisierung der wenigen Überlebenden geführt. 

In und aus dieser existentiell bedrohlichen Situation entstand offensichtlich in der Zeit nach dem „Westfälischen Frieden“ von 1648 in Zierenberg der Gedanke einer Reaktivierung der alten Bruderschaften. Es dauerte noch 12 Jahre, bis 1660 die Lutwardesser Bruderschaft neu gegründet wurde. Die in der Gründungsurkunde „Protokollum“ angeführten 44 Brüder nannten sich nunmehr „Leutzewehrtzer“ und schließlich „Leutzewarter“. Der Ursprungsort der Leutzewarter wird erstmals 1051 urkundlich als „Liuwardeshusun“ genannt. Das später Lutwardessen genannte Dorf – oberhalb der Warme nahe der Einmündung des Lubaches gelegen – ist sicher sehr viel äl-ter. Gute Böden, sauberes Wasser und die Näher uralter Wegetrassen boten hervorragende Bedingungen für einen Siedlungsplatz zu Füßen des markanten Dörnberg-Massivs. An diesen Ort dürften die Wurzeln von Landwirtschaft und Viehzucht von jungsteinzeitlichen Epochen bis in Kelten- und Chattenzeit zurückreichen. 

Im Mittelalter war das Schicksal der Lutwardesser über lange Zeit herrschaftlich mit den Herren von Blumenstein verbunden. Diese bewohnten eine kleine Burg, angelehnt an einen imposanten Basaltfels, die sagenumwobene Wichtelkirche. 

Lutwardessen war Pfarrdorf mit einer Kirche, die 1180 erstmals erwähnt wird. Ihr Standort lässt sich an dem alten Flurnamen „Kirchhöfgen“ festmachen. 1308 belehnte Landgraf Otto die Herren von Blumenstein mit dem Patronat über diese Kirche. Ein 1914 dort ausgegrabener steinerner Sarkophag – seit 1958 im Regionalmuseum Wolfhagen ausgestellt – kann demzufolge als Grablege derer von Blumenstein gedeutet werden. Das althessische Adelsgeschlecht stand bis Ende des 15. Jahrhunderts im Dienst der Landgrafen von Hessen. Bei diesen fielen sie offensichtlich in Ungnade, wanderten nach England aus, wo die „Blumensteiner“ ausstarben. 

Ende des 15. Jahrhunderts wird Lutwardessen wüst. Die Dorfbewohner werden Bürger der befestigten Stadt Zierenberg, einige siedeln in Dörnberg. Äcker und Wiesen der alten Gemarkung werden von den „Acker-Bürgern“ weiter bewirtschaftet. Über die Jahre verfällt das uralte Dorf wie auch die Burg Blumenstein und ein gleichnamiger Weiher gegenüber der Wichtelkirche. Im Zuge dieses langjährigen Umsiedelungsprozesses bilden sich bereits im 14. Jahrhundert in Zierenberg „Bruderschaften“ im Sinne von Notgemeinschaften. Sie praktizieren Nachbarschaftshilfe, kümmern sich um ein menschenwürdiges Begräbnis für verstorbene Brüder und deren Familien und achten auf „strenge Zucht und Ordnung.

Tradition bewahren und entwickeln – Unterstützung für Leutzewärter Brüderschaft